Treue um Treue
Predigt am Abend des Herz-Jesu-Festes am 19. Juni 1971
in der Pallotti-Kirche in Salzburg-Lehen
Liebe BrŸder und Schwestern in
Christus!
Seien Sie alle herzlich
willkommen gehei§en und aufrichtig bedankt dafŸr, dass Sie so zahlreich zu dieser
ãBekenntnis- und SŸhnestunde!Ò kamen, die wir am Abend des Herz-Jesu-Festes
1971 abhalten wollten unter dem Motto ãChristus, dir ewige Treue!Ò
Die Idee dazu ging von eifrigen
Laien aus, die sich in der aus den Glaubenswochen verstŠrkt hervorgegangenen Bewegung
ãFŸr Papst und KircheÒ zu eifrigem Laienapostolat zusammengeschlossen haben und
die entsetzt waren, als sie davon hšrten und lasen, wie in Innsbruck zur
Sabotierung der so notwendigen ãAktion Saubere LuftÒ ein HochschŸler in
schamlos sakrilegischer Weise das Herz-Jesu-Bundeslied umgedichtet und auf
FlugblŠttern den Text verbreiten hat, um den Bischof von Innsbruck, Paulus
Rusch, und mit ihm den christlichen Glauben und diechristliche Sittlichkeit zu
verhšhnen:
ãAuf zum Schwur,
Tiroler Land, heb zum Himmel Herz und Hand! Was die VŠter einst gelobt,
da der Kriegssturm sie umtobt, das geloben wir aufs Neue: Jesu Herz, dir ewige
Treue! – WundermŠchtig immerfort warst du deines Volkes Hort, stets in
Not und Kriegsgefahr schirmtest du den roten Aar. Drum geloben wir aufs Neue, Jesu Herz, dir ewige Treue. Fest und stark zu unserm Gott
stehen wir trotz Hohn und Spott, fest am Glauben halten wir, unsres Landes
schšnster Zier. Drum geloben wir aufs Neue, Jesu Herz,
dir ewige Treue!Ò
Ich muss gestehen: besser hŠtte gar
nicht formuliert werden kšnnen, was heute neben der SŸhne fŸr alle dem
gšttlichen Herzen Jesu zugefŸgten sakrilegischen Beleidigungen am meisten Not
tut: nŠmlich Treue! Denn wir leben in einer Zeit, in der zusammen mit der
Ehrfurchtslosigkeit, Glaubenslosigkeit und Herzlosigkeit die Treulosigkeit
schaurige Triumphe feiert.
(In meiner Studentenzeit sangen
wir gerne ein Lied im Quartett, das mit den Worten
begann: ãIch kennÔ einen hellen Edelstein von kšstlich hoher Art...Ò Dann wurde
Strophe fŸr Strophe des Liedes dieser Edelstein in all seiner Schšnheit und Kostbarkeit beschrieben. Am Schluss
der einzelnen Strophen aber wurde im Refrain immer wieder gesagt, wer und was
denn dieser kostbare Edelstein sei: ã...das treue, das treue deutsche HerzÒ.
Ja, einst hat sogar der heidnische Ršmer tacitus in seiner ãGermaniaÒ die Treue
unserer Vorfahren staunend gerŸhmt. Aber heute?)
Wie weit ist heute das Herz so
vieler Menschen im deutschsprachigen Raum von der Treue entfernt! Nicht Treue,
sondern Treulosigkeit in politischer, in sittlicher, in religišser Hinsicht
wird Ÿberall mit Erfolg propagiert; ohne Bindungen, ohne Hemmungen huldigt man
einer zŸgellosen Freiheit und Ungebundenheit, auch wenn man dabei das gegebene
Wort, einen heiligen Schwur, einen geschlossenen Vertrag brechen muss. †berall
im weltlichen und leider heute auch im kirchlichen Bereich triumphiert die
Untreue, die Treulosigkeit zusammen mit der Herzlosigkeit. In der modernen
Konsum- und Wohlstandsgesellschaft, in der der Fortschritt auf den verschiedenen
materiellen Gebieten den Menschen ein leichteres, ein bequemeres und
angenehmeres Leben ermšglicht, wŠchst jenen Menschen, fŸr die Gott tot und die
Religion zum ŸberflŸssigen Opium geworden ist, die Technik vielfach Ÿber den
Kopf: der nur weltimmanent orientierte, materialistische Fortschrittsglaube,
die ma§lose VergnŸgungs-, Prestige- und Rekordsucht rauben dem Menschen das
Herz (und es kam in unseren Tagen so
weit dass – einem franzšsischen Beispiel folgend – 374 Frauen mit
bekannten Namen sich rŸhmten, an sich Abtreibung vorgenommen zu haben; man
posaunte es fast mit einem siegreichen Hurra in die Welt hinaus: ãIch habe
abgetrieben!Ò Und es war bezeichnend, dass am vergangenen Samstag, den 12. Juni
1971, im …sterreichischen Fernsehen mit Ausnahme von zwei katholischen
Priestern in der ãFrage der WocheÒ alle befragten fŸr Abschaffung des ¤ 144
eintraten, der bis jetzt noch in …sterreich die Abtreibung als strafwŸrdig
erklŠrt!
Vor 15 Jahren gab es in Le Mans
in Frankreich eine schaurige Katastrophe, die mir damals schon symboltrŠchtig
fŸr die heraufkommende Zeit vorkam: bei einem Autorennen, das an einem FrŸhlingssonntag
fŸr Hunderttausende von Zuschauern der moderne, mit hei§er Andacht und Spannung
mitgefeierte ãSonntagsgottesdienstÒ war, raste ein Rennwagen Ÿber die Planken
des Rennbahnrings in die Zuschauer hinein. 80 Tote – wohlgemerkt: 80, das
ist kein Schreib- und Hšrfehler! – lagen im Nu als zerfetzte,
blutŸberronnene Leichen an der Rennbahn. Und doch ging das rasen der Rennwagen
in wahnsinniger Fahrt weiter. Kalt und herzlos. Das ist mir seit damals ein
unvergessliches Bild fŸr den modernen Menschen: ihm wŠchst bei seiner durch
zunehmende Religionslosigkeit bedingten sittlichen Haltlosigkeit der technische
Fortschritt Ÿber den Kopf und die Rekordsucht und die verschiedenen anderen SŸchte
rauben ihm das Herz. Und das steigert sich weiter, bis alles in einem Sex- und
Blut- und Motorenrausch untergeht. Da liegen dann nicht etwa nur 80 Tote
zerfetzt am Rand einer Autorennbahn, nein, da liegen dann 100.000 abgetriebene
Fšten, die werdende Menschen waren, jedes Jahr in …sterreich allein in den
AbfallkŸbeln von Kurpfuschern oder €rzten, die treulos den geschworenen
Hippokrateseid brechen, HŸter und SchŸtzer und nicht Vernichter des Lebens zu
sein!)
Ja, die Herzlosigkeit und mit ihr
zusammen die Treulosigkeit, das ist ein Charakteristikum des zu Ende gehenden
20. Jahrhunderts.
BrŸder und Schwestern in
Christus! Einmal im Jahr, da sagt uns die Kirche in eindringlicher Sprache,
dass es auf das Herz ankommt, auf das gute, edle, reine, lautere, selbstlos liebende
und treue Herz! Wir werden von der Kirche auf ein Herz hingewiesen, das ganz
edel, ganz lauter und rein, ganz selbstlos liebend, hingebend und treu bis zum
Šu§ersten war wie kein anderes Herz: das Herz des Gottmenschen, das Herz Jesu,
dessen Gesinnungen wir uns zu eigen machen sollten mit der Bitte: ãJesus, sanft
und demŸtig von Herzen, mach unser Herz gleich deinem Herzen!Ò
Freilich, wir wissen es: fŸr die
dem Glauben Fernstehenden und auch fŸr jene GlaubensbrŸder, die vom Modernismus
angesteckt sind, taucht bei dem Wort ãHerz-JesuÒ sofort die Vorstellung von
etwas SŸ§lichem, SchwŠchlichem, ja Weinerlich-Weibischem und Sentimentalem auf,
von dem man nichts mehr hšren will, weil es in unsere rationalistisch
aufgeklŠrte, nŸchtern denkende, technisch orientierte, fortschrittsglŠubige
Zeit einfach nicht mehr hineinpasse und Herz-Jesu-Verehrung sei genauso wie
Marienverehrung etwas Altmodisch-†berholtes!
Ich will auf solche Behauptungen
nicht weiter eingehen, ich mšchte nur sagen, dass es bei dem Herzen, das in der
Herz-Jesu-Verehrung vor uns hingestellt wird, wahrlich nicht um etwas
Weinerlich-Weibisches, S٤lich-Sentimentales geht, sondern ganz im Gegenteil um
etwas unsagbar Gro§es, Starkes, MŠnnliches, Heldenhaft-Tapferes, denn wenn wir
unter dem Herzen Jesu nicht nur das physische, leibliche Herz, sondern die
innersten Gesinnungen des Gottmenschen Jesus Christus verstehen, die ihn zu
radikalster Ganzhingabe an den Vater im Himmel und zur vorbehaltlosen Hinopferung
fŸr uns Menschen getrieben haben,
dann wissen wir: bei diesem Herzen geht es um das ergreifendste Symbol
selbstlosester Hingabe, Opferbereitschaft und Treue, die auch dann nicht
aufhšrte, als das physische Herz Jesu zu schlagen aufhšrte, durchbohrt wurde
und ihm die letzten Blutstropfen entstršmten. Dieses treue Herz schlug nur in
helfender, erbarmender, verzeihender, erlšsender Liebe fŸr uns Menschen bis zum
letzten Schlag. Es wurde dabei zum Inbegriff aller Herzlichkeit, aller GŸte und
Liebe und vor allem auch aller wahren, echten, unerschŸtterlichen Treue!
Man mŸsste da das ganze
Erdenleben Christi wie in einem Filmstreifen abrollen lassen, um es
klarzumachen, wie der Gottmensch Jesus Christus bei allem, was Er sprach und
tat, so ganz mit dem Herzen dabei war und ganz Herz war.
(Ja, wenn Er sprach, sprach Er von
Herzen, weil er es mit jedem Wort, das Er sagte, gut, unendlich gut mit den
Menschen meinte, auch dort noch, wo Er ihnen harte Worte Ÿber ihre
Treulosigkeit entgegnete. Denn auch dort verkŸndete Er ihnen letztlich keine
Drohbotschaft, sondern verkŸndete ihnen die beglŸckende Frohbotschaft vom
treuen Gott, der selbst dort uns treu bleibt, wo wir ihm in der SŸnde untreu
geworden sind (vgl. 2 Tim 2,13).
Und bei allem, was Christus tat,
war Er mit dem Herzen dabei; man mŸsste hier der Reihe nach ausfŸhrlich etwa
die Heilungen schildern, die der Herr an den kranken Leibern und noch mehr an
den kranken Seelen vornahm. Es kšnnte einem dabei in ŸberwŠltigender Weise
aufgehen, wie Er mit dem Herzen dabei war, weil die Liebe ihn trieb zu diesen
Wundern seiner Allmacht und GŸte. Und wie war Er mit dem Herzen dabei, wenn Er
sich der SŸnder annahm, der Irregegangenen, der Verirrten, trotz Spott und
Wiederrede der PharisŠer. Man brŠuchte nur das Gleichnis vom verlorenen Sohn
bei Lk Kp. 15 Ÿberdenken, um dabei die Treue dieser herzlichen SŸnderliebe Christi
zu erkennen. Wenn ich Sie raten lie§e, was wohl in diesem Gleichnis das
Packendste, das Ergreifendste, das Tršstlichste und dabei das am allermeisten
die Treue des Herzens Jesu offenbarende Wort des Herrn ist? Ich meine, es ist
das Wort vom Suchen des verlorenen Schafes ãbis Er, der Gute Hirte, es findetÒ.
Ja, solange sucht der Gute Hirte, bis Er es findet, das verlorene Schaf. FrŸher
hšrt Er nicht zu suchen auf und mag dabei die Nacht noch so dunkel, der Weg
noch so weit, die Verirrung des Schafes noch so gro§ sein. Das ist eigentlich
der ganze und der ganz gro§e Trost der Menschheit, ob sie davon wei§ oder
nicht, ob sie daran glaubt oder nicht, dass der Herr Jesus mit seinem treuen,
liebenden Herzen noch jedem verlorenen nachgeht, bis Er ihn findet. Das ist der
gro§e Trost der Menschen in aller sittlichen Verlorenheit und Verworrenheit,
dass einer da ist, der keinen aufgibt, der keinen verstš§t und fŸr den es auf
dieser Erde keinen endgŸltig Verlorenen gibt. Einer ist immer auf der Suche in
unerschŸtterlicher Treue. Auf der Suche nach jedem . Bis Er ihn findet. So
lange, so unermŸdlich, so unverdrossen, so geduldig, so langmŸtig, so treu
sucht Er, bis Er das verlorene Schaf findet, Er, der allzeit Getreue mit dem
selbstlos liebenden, zum €u§ersten und zum grš§ten Opfer bereiten Herzen, in
welchem das Feuer gšttlicher Liebe lodert.
Das zeigte sich am
eindrucksvollsten in jener Nacht, da Er verraten wurde, bei der Einsetzung der
hl. Eucharistie und dann, als er am Kreuze litt und starb. Er tat ja auch das
nicht unwillig unter einem eisernen Muss, Er tat es freiwillig, Er war auch da
und da erst recht ganz mit dem Herzen dabei, weil Er uns alle durch seine mit letzter
Treue vollzogene Gehorsamshingabe an den Vater erlšsen wollte. Und Er opferte
sich hin bis zum letzten Blutstropfen, der seinem durchbohrten Herzen entquoll,
dem treuen, heiligen Herzen.
Hier muss ich immer an den
gescheiten, aber schwachen šsterr. Bischof Alois Hudal denken, der im ersten
Kriegsjahr 1939 in der Anima in Rom mein Rektor war. Er schrieb damals ein sehr
zwielichtiges Buch, durch das er eine BrŸcke schlagen wollte zwischen dem
Christentum und dem Nationalsozialismus. Im Vorwort aber schrieb er: ãDieses
Buch ist mit meinem Herzblut geschrieben!Ò Ich dachte mir damals: Das ist eine
arge †bertreibung. Und ich wurde durch die ganze weitere Haltung dieses
šsterreichischen Bischofs in meiner †berzeugung, dass er erbŠrmlich Ÿbertrieben
hatte, spŠter noch mehr bestŠtigt. Bei einem aber war es wortwšrtlich wahr und
keine †bertreibung: geschrieben mit dem eigenen Herzblut! Jene Seiten der
Heilsgeschichte, die Ÿber unsere Erlšsung berichten, sind wirklich mit Herzblut
geschrieben, mit dem Herzblut des Gottmenschen Jesus Christus. Und die Worte,
die der Erlšser damals mit dem Blut seines treuen Herzens schrieb, lauteten:
ãMit ewiger Liebe habe ich euch Menschen geliebt, um euch alle ganz an mein
Herz zu ziehen!Ò das ganz und gar ausgepresste, ganz blutleer gewordene Herz,
es ist fŸr alle kommenden Zeiten zum Symbol restloser Hingabe fŸr die anderen
und zum Symbol unerschŸtterlicher treue geworden: Der Gekreuzigte mit dem
durchbohrten Herzen ist der gute Hirte, der sein Leben hingab fŸr seine Schafe;
der Gekreuzigte mit dem durchbohrten Herzen ist das Lamm Gottes, das alle SŸndenschuld
der Welt auf sich nahm und darum von uns hinwegnahm. Dieses Herz ist verwundet
worden wegen der Treulosigkeit und Herzlosigkeit der Menschen. Und die
Hilflosigkeit dieses dem Spott preisgegebenen Herzens, das aller Schmach und
Unbill ausgesetzt war und noch immer ist, wollte unsere stolzen Herzen beugen,
unsere liebekalten Herzen neu entzŸnden, unsere treulosen Herzen wieder zur
treue bewegen, zur Treue gegen Gott und sein Gebot, zur Treue gegen den
Glauben, gegen die Kirche, zur Treue gegen die Ÿbernommenen Verpflichtungen vor
allem im Ehestand, im Priesterstand, im Ordensstand!
Wie aber sieht es hier heute oft
aus? Statt der treue in Nachahmung des treuen Herzens Jesu so viel Untreue
gerade auch dort, wo man vor allem Treue erwarten wŸrde! Es ist so bezeichnend,
wie durch die Treulosigkeit unsere gegenwŠrtige Welt bis hinein in den Raum der
Kirche immer mehr zu einer modernen Tauschzentrale wird, deren Angebote
superaktuell sind: Es wird in dieser modernen Tauschzentrale geboten:
Pornosex gegen Liebe,
BrutalitŠt gegen Herzlichkeit und
Herzensbildung,
Rauschgift gegen Religion,
Gruppensex gegen Ehe,
Pille und Abtreibung gegen
Kindersegen,
Kommune gegen Familie,
KriminalitŠt gegen Sicherheit,
Ordnung und Friede und vor allem
und in allem Ungebundenheit und Hemmungslosigkeit gegen Treue!
Nur auf zwei ganz wichtige
Beispiele sei, um das Gesagte nŠher zu beleuchten, hingewiesen:
Da hat der bekannte Redemptoristen-Moraltheologe Bernh. HŠring in seiner
Moraltheologie ãDas Gesetz ChristiÒ (III/339) so klar und wahr geschrieben:
ãZum Wesen der echten ehelichen Leibe gehšrt vor allem die absolute
Treuebildung in absolutem Treuewillen. Ohne endgŸltige Treuebindung ist jede
geschlechtliche Zuneigung unbekrŠftigt und jegliche intime €u§erung derselben
unrechtmŠ§ig, weil sie des Ernstes der wahren Liebe ermangelt, die auf jedem Gebiet,
besonders aber in dieser SphŠre, Treue verlangt. Die einmal beschworene Treue
aber darf nicht von der schwankenden sinnlichen Zuneigung abhŠngig gemacht
werden. Wahre Treue und Liebe mŸssen aber dem Wandel des blo§ sinnlichen
Strebens stehen. Sie mŸssen ihm gebieten und es formen. Die staatliche
Ermšglichung der Ehescheidung und Wiederverheiratung aber zersetzt bei all
denen, die sich auf den Standpunkt solchen Rechts stellen, den Treuewillen der
Liebe von allem Anfang an. So steht an der Wurzel der heiligsten TreueschwŸre
nicht christlich denkender Eheleute das Fragezeichen der offengehaltenen
Mšglichkeit, Liebe und Treue jederzeit aufzukŸndigen. Alle Liebesversicherungen
angesichts der heiligen Ordnung der Ehe ohne den unbedingten Treuewillen sind
nichts anderes als verschleierte LŸgen. Liebe auf Widerruf und Treue auf
KŸndigung sind in sich furchtbare WidersprŸche. In dieser Lebenszone sind es
todbringende Masken!Ò
Wie aber sieht es bei uns in …sterreich heute mit der ehelichen Treue
aus? In der ãPresseÒ vom 9.4.1971 war zu lesen: ãImmer mehr Ehen zerbrechen in
…sterreich. Die Scheidungskurve in unserem Lande steigt weiter ganz bedenklich
an. Jede dritte Ehe wird in Wien geschieden, im gesamten Bundesgebiet aber
gehen pro Jahr 10.000 Ehen in BrŸche. Dies geht aus den neuesten Erhebungen des
Statistischen Zentralamtes hervor. Das Ansteigen der Ehescheidungen um 20 Prozent
seit dem Jahr 1962 hat …sterreich mit DŠnemark und Schweden in die
Spitzengruppe der LŠnder Europas auf dem Scheidungssektor katapultiert!Ò
Wie kšnnte aber die Entwicklung hier anders verlaufen, wenn man es wagt,
den Ehebruch als harmloses Kavaliersdelikt zu bezeichnen und dementsprechend
straffrei zu erklŠren und wenn man der immer noch stŠrker anschwellenden Sexwelle
tatenlos zusieht, ja sogar noch fšrdert?
Der genannte Moraltheologe Bernhard HŠring schreibt Ÿber die eheliche Treue
weiter: ãEine Wiederverheiratung von Geschiedenen unter der todernsten Form
ãbis euch der Tod scheidetÒ verfŠlscht den ernsten Sinn von Treue und Liebe in
erschreckender Weise und muss als Herausforderung des getreuen Gottes empfunden
werden. Die eheliche Liebe muss, um sich vollenden und in der Treue in allem
bewŠhren zu kšnnen, eine gekreuzigte Liebe sein. Christliches Eheleben ist
Nachfolge des gekreuzigten Heilands. Der Treuebund der Liebe zwischen Christus
und seiner Kirche, den das Sakrament der Ehe versinnbildet, ist am Kreuz
besiegelt worden, im bitteren Herzensweh des Heilands Ÿber allen Undank seiner Freunde
und seiner Feinde. Nur von Kalvaria aus kann der eigentliche christliche Sinn
der Ehe erschlossen werden! Ebenso kann nur in der vom Kreuzesopfer Christi
ausstršmenden Kraft das stŠndige Ehekreuz getragen und fruchtbar gemacht
werden. In der Schau des Glaubens, in der Kraft des Gebetes und des Empfanges
der Opferspeise der hl. Eucharistie sind die Opfer der glŸcklichen Ehe, ja
selbst die gro§en bestŠndigen Leiden der unglŸcklichen Ehe nicht ein Fluch,
sondern Nachfolge Christi, Darstellung der im Leiden sieghaften, treuen Liebe Christi!Ò
Wo von der heutigen Untreue und Treulosigkeit gesprochen wird, wŠre es
ungerecht, nur von der Untreue vieler Eheleute in unserem Lande zu sprechen und
von der Untreue so mancher Priester und Ordensleute ihren heiligen Versprechen
und Gelšbnissen gegenŸber zu schweigen! Nein, ich will auch darŸber nicht
schweigen, gerade weil jetzt mit dem Blick auf die kommende Bischofssynode in
Rom, die das Weihepriestertum und den priesterlichen Zšlibat behandeln wird, in
manchen Priesterkreisen der Kampf gegen das Zšlibatsgesetz neu entbrannt ist.
Der Hl. Vater hat vor kurzem in einer Ansprache traurig die Feststellung
gemacht, es sei etwas vom Schmerzlichsten, dass heute ãdie Verwirrung und
Untreue aus dem Innern der Kirche selbst hervorgehen, oft durch diejenigen, die
infolge der heiligen Verpflichtung, die sie Ÿbernommen, und infolge des Charismas,
das sie empfangen haben, die Getreuesten sein sollten!Ò 24.000 Priester sollen
seit dem Ende des Konzils ihren Priesterberuf aufgegeben haben. Wo bleibt da
die beispielgebende Treue zu den Ÿbernommenen heiligen Verpflichtungen? Aber
gleich hšrt man die Behauptung: man war eben zum Zšlibat gezwungen worden! Das
aber ist eine infame LŸge! Niemand wurde gezwungen! Und Kardinal Hšffner von
Kšln hat recht, wenn er in seinen zehn Thesen Ÿber den Priesterzšlibat in der
6. These sagt: ãDer Vorwurf, die Kirche zwinge durch die Verbindung von Priestertum
und Zšlibat jemanden zur Ehelosigkeit, ist eine Verleumdung!Ò Heute ist die
Situation auch unter Priestern schon so, dass man es kaum noch wagen darf, sich
offen fŸr den Fortbestand des Zšlibatsgesetzes einzusetzen! Wohin sind wir
gekommen in der Kirche Gottes? Und es scheint bisweilen, als ob wir noch so
weit kommen wŸrden, dass man nicht nur die Treulosigkeit den
Zšlibatsverpflichtungen und den OrdensgelŸbden gegenŸber nicht mehr nennen
darf, was sie wirklich ist, sondern dass schlie§lich sogar die Treue jener, die
unter gro§en Opfern und Verzichtleistungen ein langes Priesterleben lang
gewissenhaft zu den frei Ÿbernommenen Verpflichtungen standen, als Dummheit
hingestellt wird. Hinter dem Kampf gegen den Zšlibat – (ich sagte es
schon einmal in einer Glaubenswoche) – steckt leider vielfach die
Tendenz, das Priestertum und den Ordensstand wie so vieles andere im
Christentum heute mšglichst billig zu machen und wie einÒ billiger JakobÒ mit Schleuderpreisen
auf dem Markt der Welt zu verkaufen, um leichter anzukommen. So propagiert man
aber leider mit einem schlechten Beispiel ein entwertetes Christentum, aus dem
man das so wesentlich zu ihm gehšrige eschatologische Zeichen des Kreuzes
herausbricht, so Šhnlich etwa, wie sich nach dem Zusammenbruch SS-Leute das
Blutgruppenzeichen mit der Siegesrune unter der Schulter schnell operativ
entfernen lie§en, nachdem man vorher in schauriger Apotheose dem ãFŸhrerÒ treue
Gefolgschaft bis zum Letzten geschworen hatte: ãFŸhrer, befiel, wir folgen
dir!Ò und nachdem man klar gewusst hat: ãWer auf diese Fahne schwšrt, hat nichts
mehr, was ihm gehšrt!Ò Mit dem Aufgeben des Zšlibats und dem Aufgeben des
treuen Stehens zu den OrdensgelŸbden macht man es heute Šhnlich: Am Weihe- oder
Professaltar hat man Christus und seiner Braut, der Kirche, ewige Treue
geschworen, nun schwšrt man einer Ehegattin die Treue und bricht sie auch allzu
schnell wieder, denn 40 Prozent der verheirateten Priester sollen schon wieder
geschieden sein! So šffnet man dem Ausverkauf kostbarster christlicher Werte zu
herabgesetzten Preisen TŸr und Tor, wie es der bekannte Speckpater Werenfried
von Straten formuliert hat. Das aber ist ein gro§es UnglŸck nicht nur fŸr die
Kirche, sondern auch fŸr die Welt, weil so allmŠhlich jeder Opfersinn, jeder
Idealismus untergraben und jedem Heroismus und vor allem der Treue auf jedem
Gebiet der Abschied gegeben wird. Was mŸssen sich da jene Priester in den
LŠndern, wo der gottlose Kommunismus herrscht, denken? Sie sind jahrelang
grausam verfolgt, geschmŠht, gefoltert und eingekerkert worden. Nun mŸssen sie
sehen, wie bei uns im Westen das Ÿber Bord geworfen wird, wofŸr sie Besitz,
Freiheit, Ehre, Zukunft und viele sogar ihr Leben in der Treue zum Beruf, in
der Treue zu Christus und seiner Kirche hingeopfert haben! Und was mŸssen sich
jene vielen treuen christlichen Eheleute denken, die es auch noch in unserer so
haltlosen Zeit der Sex- und Suchtwelle mit der ehelichen Treue und mit der
Unauflšslichkeit der Ehe ganz ernst nehmen.
Betet, betet, BrŸder und Schwestern, dass in den Reihen des Klerus nicht
die KŠmpfer gegen den Zšlibat den Sieg davontragen, sondern die treuen, die in Wort
und Tat, in Kleidung und Haltung, in LebensfŸhrung und VerkŸndigung zu dem
stehen, was sie an heiligen Verpflichtungen Ÿbernommen haben.
Denn wenn die treulosen in den Reihen des Klerus noch mehr zunehmen,
darf man sich nicht wundern, wenn immer mehr von jenen Randkatholiken, denen
der Glaube und die Kirche nichts oder nicht mehr viel bedeuten, treulos die
Kirche verlassen und aus ihr austreten. Ihre Zahl ist ohnedies schon mehr als
10.000 in jedem Jahr!
Satte Spie§er kennen keine Treue! Treulosigkeit ist fast zum Kennzeichen
unserer Wohlstandsgesellschaft geworden. Im Lexikon der PŠdagogik, das vor 10 Jahren
im Herder-Verlag erschien, hie§ es noch unter dem Stichwort ãTreueÒ im IV. Band
Spalte 640: ãWie Treue eine der grundlegenden Tugenden ist, so werde schon dem
Kind Treulosigkeit als eines der schŠndlichsten Laster zum Bewusstsein
gebracht!Ò Ach, wie weit sind wir auch in der Erziehung heute davon entfernt!
Wir aber wollen es immer wieder ernst nehmen mit der Treue gegen Gott
und sein Gebot, mit der Treue gegen Christus und seine Kirche, mit der
ehelichen Treue, mit der treue zu den Priester- und Ordensverpflichtungen! Das
wollen wir am Abend dieses Herz-Jesu-Festes dem gšttlichen Herzen Jesu
feierlich geloben. Er, unser Herr und Heiland wird in der GehOffb zweimal (1,5
und 3,14) ãder treue ZeugeÒ genannt, der dort zu den lau gewordenen Christen
von Laodizea das harte Wort spricht: ãIch kenne deine Werke: dass du weder kalt
noch warm bist! WŠrest du doch kalt oder warm. Weil du aber lau bist, so will
ich dich ausspeisen aus meinem Munde!Ò Mšge das Christus zu keinem von uns je
sagen mŸssen. Wir sind heute alle durch den Trend der Zeit gefŠhrdet in der
Treue. In jedem Menschen, in jedem Christen, in jedem Priester, in jeder
Ordensfrau, in jedem Ehemann, in jeder Ehefrau steckt ein StŸck Judas, der sich
gelegentlich immer wieder rŸhrt und zur Untat der Treulosigkeit schreiten
mšchte. Sogar ein Heiliger, der hl. Philipp Neri, betete jeden Tag: Herr, hilf
du heute deinem Philippus, weil er dich sonst treulos verraten wŸrde!Ò
Nur dem DemŸtigen, der nie vergisst, um die nštige Gnade der Beharrlichkeit
und Treue zu beten, beharrlich zu beten und mit der erbeteten Gnade auch
mitzuwirken, wird es gelingen, wie Christus und fŸr Christus ein getreuer Zeuge
zu sein im Glauben und in der Liebe, im Leben und im Sterben! BemŸhen wir uns
darum in der Zeit der Treulosigkeit, indem wir immer wieder aufschauen zu dem,
den sie durchbohrt haben. Amen